Diskografie
Telemann; Flötenquartette (Flute Quartets)
Maurice Steger | Blockflöte
Verena Fischer | Traversflöte
Reinhard Goebel | Violine und Viola
Diego Nadra | Oboe
Stephan Schardt | Violine
Klaus-Dieter Brandt | Violoncello
Léon Berben | Cembalo
Musica Antiqua Köln, 2005. Deutsche Grammophon – Archiv
Bei diesen Sonaten in unterschiedlichen Besetzungen handelt es sich um die erste integrale Produktion der Quartette mit einem Flöteninstrument (3 davon sind der Blockflöte zugeschrieben, 4 Werke dem Traverso).
EINE UNSCHLAGBARE KOMBINATION
Reinhard Goebel, sein Ensemble Musica Antiqua Köln und Georg Philipp Telemann – Namen die in den letzten 30 Jahren untrennbar miteinander verbunden sind. Die neueste Aufnahme von Goebel mit Musica Antiqua Köln ist den Flötenquartetten von Telemann gewidmet, einfallsreiche, klanglich ausgesprochen vielfältige Werke für drei Melodieninstrumente mit Continuo, die man als seinen „originellsten Beitrag zur Geschichte der Kammermusik“ bezeichnete hat (The New Grove, 2001). Und die von Reinhard Goebel für diese CD ausgewählten „Quadri“ mit ihren konzertanten Elementen zählen zu Telemanns schönsten Werken in einer Gattung, die ebenfalls als seine ureigene Schöpfung gilt.
»Obgleich es wesentlich schwerer ist, eine neue Wahrheit zu verbreiten, als eine alte Dummheit ad absurdum zu führen, möge die vorliegende Einspielung doch gewisse Odeurs vertreiben und als Beitrag zu einem neuen Telemann-Bild gewertet werden.« Diese Hoffnung gab Reinhard Goebel 1987 seiner Aufnahme mit Bläserkonzerten Telemanns mit auf den Weg. Den »gewissen Odeurs«, die Telemann als »Vielschreiber« und vermeintlichem Komponisten von »Hausmusik« anhaften, waren Goebel und seine Musica Antiqua bereits 1979 mit der ersten Telemann-LP vehement entgegengetreten. Ihre Einspielung mit Kammerkonzerten Telemanns war eine der ersten Aufnahmen der 1973 gegründeten Musica Antiqua Köln für die Archiv-Produktion überhaupt, und der frische Wind, der den Rezensenten daraus entgegenschlug, wurde ebenso begrüßt wie beargwöhnt. Einig war man sich aber darüber, dass hier etwas Neues mit dem alten Telemann vor sich ging, was, so die Kritiker damals, »unzweifelhaft für ein sehr interessantes Diskussionsforum sorgen wird. Diejenigen, die sich für Telemann interessieren, wären töricht, dies zu verpassen« (Records and Recording, Januar 1980). Allerdings hat Reinhard Goebel nicht nur mit seinen Interpretationen der Musik Telemanns, sondern auch mit seiner Sicht beispielsweise auf die Werke J.S. Bachs, Bibers oder Heinichens in den letzten Jahrzehnten dafür gesorgt, dass die so genannte Alte Musik stets Stoff für ein interessantes Diskussionsforum bietet.
Die vorliegende Aufnahme ist Goebels achte Produktion mit Werken Telemanns, der damit der von der Musica Antiqua am meisten eingespielte Komponist bei der Archiv-Produktion der Deutschen Grammophon ist, dicht gefolgt von dessen Musikerkollegen und Freund J.S. Bach. Doch nicht die Vielzahl der Produktionen, sondern ihre außerordentliche Qualität und vor allem die mitreißende Spielfreude sind es, die Goebels Telemann-Einspielungen heute schon einen wesentlichen Platz in der Aufnahmehistorie der Alten Musik einräumen. Seine erste CD mit Streicherkonzerten von Telemann wurde für den Grammy nominiert. Über die 2002 veröffentlichte und mit einem Echo-Award ausgezeichnete zweite CD mit Streicherkonzerten, Sinfonia spirituosa, schrieb ein Kritiker: »Keine Überredungskunst wird hier gebraucht für die überzeugende, extrovertierte ‚Sinfonia spirituosa’, die hier mit solch ansteckendem Schwung gespielt wird, dass ich tatsächlich geglaubt habe, meine Lautsprecherboxen beginnen zu tanzen. Viva Goebel! Viva Telemann!« (Fanfare, September 2002).
In Würdigung seines »weltweiten Wirkens für die Verbreitung der Werke Telemanns« erhielt Reinhard Goebel 2002 den Goerg-Philipp-Telemann-Preis der Stadt Magdeburg. Und Goebel wird sicherlich nicht müde werden, zusammen mit seiner Musica Antiqua weiterhin auf quicklebendige und aufführenspraktisch messerscharf differenzierte Weise für die Verbreitung der Telemannschen Musik zu sorgen, eine große Aufgabe, denn Telemann war ja bekanntlich ein »Vielschreiber« – zum Glück.
Andrea Hechtenstein